Wahlen

Schwaben wurde zu „normalen Zeiten“ von drei größeren Parteien dominiert, aber wann gab es in der Weimarer Zeit schon normale Zeiten? Am Anfang gab es die Revolution und die darauf folgenden politischen Unruhen, dann die Hyperinflation, dann folgte von Ende 1924 bis 1929 eine Erholungsphase, bis dann 1930 bis 1933 die radikalen Parteien NSDAP und KPD rasant an Boden gewannen.

Wir wollen uns hier also auf die kurze Mittelphase konzentrieren. Schwaben ist ein katholischer Regierungsbezirk (siehe >Konfessionen). Deshalb ist nicht verwunderlich, dass die katholische Bayerische Volkspartei die politische Landschaft beherrscht. Zwei Rivalen gab es, die sie aber nicht ernsthaft bedrohen konnten: der Bayerische Bauernbund (BBB) und die Arbeiterpartei SPD.

Während die SPD nach ihrem riesigen Anfangserfolg im Gefolge der Revolution abstürzte, sich aber halbwegs stabilisierte, blühte der Bauernbund in der Mittelphase um 1928 auf, um dann allerdings im Zusammenhang mit der großen Weltwirtschaftskrise total abzustürzen und der NSDAP Platz zu machen (siehe >Studie> Aufstieg der NSDAP).

Aber in Schwaben gab es politisch gesehen zwei unterschiedliche Welten: Stadt und Land. Die BVP war zwar in beiden Bereichen dominant, hatte aber jeweils einen anderen Rivalen.

In den Städten konkurrierte sie mit der SPD, von der sie 1928 auch überflügelt wurde. Der Bauernbund spielte in den Städten naturgemäß kaum eine Rolle, obwohl er – erfolglos – versuchte, durch einen Namensänderung („Bauern- und Mittelstandsbund“) auch in den Städten Fuß zu fassen. Die wenigen Stimmen, die er in den Städten erzielte, hängen durchaus mit der dort vorhandenen bäuerlichen Bevölkerung zusammen: Selbst in der Industriestadt Augsburg gabe es damals noch einen Anteil von in der Landwirtschaft beschäftigten Erwerbstätigen von etwa 2 Prozent.

Auf dem Land hatte sie es mit dem Bauernbund zu tun, und auch dem gelang es dort, die BVP knapp zu überholen. Aber abgesehen von dieser kurzen Schwächephase um das Jahr 1928 war die BVP immer unangefochten die große Mehrheitspartei, die auch erst nach der „Machtergreifung“ (Machtübertragung) von der NSDAP überholt wurde.

Wie sah nun die politische Landschaft in räumlicher Hinsicht aus? Dies zeigt die folgende Karte. Sie fasst die Mehrheitsverhältnisse in den beiden Wahlen von Dezember 1924,2 (Dezember) und 1928, also in der Blütephase der Weimarer Zeit zusammen.  

Bis auf drei Landkreise mit konstanter Bauernbunds-Mehrheit beherrscht die BVP das Feld. In der Mitte Schwabens gab es fünf Landkreise, wo BBB und BVP dicht beieinander lagen, und die 1928 vom Bauernbund erobert werden konnten. Die einzige Stadt mit konstanter SPD-Mehrheit ist die Industriestadt Neu-Ulm, in den anderen Städten gab es bis zum Beginn der Wirtschaftskrise wechselnde Mehrheiten, meist zwischen BVP und SPD. Lindau war die erste Stadt, in der die NSDAP schon 1930 die Mehrheit gewann.